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- Veröffentlicht: 18. März 2021
- Erstellt: 18. März 2021
Die Ärztinnen und Ärzte im NOK stellen sich vor
"Wichtig ist, dass man am Ende seiner Ausbildung eine Tätigkeit findet, die einem Spaß macht und einen erfüllt.“- Dr. med. Christoph Kaltenmaier, engagierter Allgemeinmediziner in Aglasterhausen, ärztlicher Vertreter der KVBW im Neckar-Odenwald-Kreis und ärztlicher Leiter im Kreisimpfzentrum in Mosbach berichtet in einem Interview von seiner spannenden Tätigkeit als Hausarzt und welche Vorteile diese auch für alle jungen Medizinerinnen und Medizinern mit sich bringt, seiner Zukunftsvision und seinen Erfahrungen aus dem Kreisimpfzentrum in Mosbach.
Hallo Herr Dr. Kaltenmaier, schön, dass Sie unser Interviewpartner für den ersten Newsletter 2021 sind. Würden Sie uns kurz von sich und Ihrem Werdegang berichten? Wie sieht Ihr Alltag als Hausarzt in Aglasterhausen aus und was gefällt Ihnen hierbei am Meisten?
Nach meinem Studium in Ancona (Italien), Hamburg und Heidelberg war ich 6 Jahre als Assistenzarzt an Kliniken in Heilbronn (Unfallchirurgie), Mosbach (Unfallchirurgie) und Bad Rappenau (internistische Rheumatologie). Außerdem war ich 6 Jahre lang als Notarzt im Rettungsdienst tätig. Meinen ursprünglichen Wunsch Unfallchirurg zu werden habe ich als Vater und Ehemann einer jungen Familie aufgegeben, weil ich für die Familie eine konstante und sichere Tätigkeit wollte. Damals war es in der Facharztausbildung üblich, dass man alle 2 Jahre die Klinik wechselte. Für den damaligen Unfallchirurgen wären das in 8 Jahren 4 Umzüge mit Familie gewesen. Deshalb habe ich mich in der Nachfolge meines Großvaters und Vaters am 01.10.1993 als damals noch praktischer Arzt und H-Arzt der Berufsgenossenschaften in Aglasterhausen niedergelassen.
Mein Arbeitstag ist sehr vielseitig mit täglichen Akutsprechstunden, Terminbehandlungen, operativen Eingriffen, Pflegeheimvisiten und Hausbesuchen. Als Patienten kommen alle Altersklassen vom Säugling bis zum 100jährigen. Ich sehe an Krankheitsbildern nahezu die gesamte Breite der Medizin. Das ist es auch was mir am meisten gefällt. Täglich bin ich herausgefordert mich um das ganze medizinische Spektrum zu kümmern, auch wenn ein Großteil natürlich Tagesgeschäft ist. Trotz einer breiten Ausbildung, die hier sehr hilfreich ist, lerne ich ständig in meiner Medizin dazu.
Warum haben Sie sich entschieden, als Hausarzt im Neckar-Odenwald-Kreis zu arbeiten und welche Chancen und Vorteile sehen Sie dabei auch für unsere jungen Ärztinnen und Ärzte?
Für Aglasterhausen habe ich mich entschieden, da hier mein Großvater und mein Vater als Hausärzte tätig waren. 1993 haben meine Frau und ich dann ein Wohnhaus mit integrierter Praxis gebaut. Die Vorteile sich so niederzulassen oder auch eine bereits bestehende Praxis zu übernehmen liegen eindeutig darin, dass man seine Vorstellungen einer guten medizinischen Versorgung selbst umsetzen kann. Heute gibt es erfreulicher Weise auch sehr viele finanzielle und örtliche Hilfen in den ländlichen Gemeinden. Das erleichtert sowohl die Niederlassung als auch die Praxisübernahme.
Welche Tipps und Tricks haben Sie dafür ausgehend von Ihrer heutigen Erfahrung für Medizinstudierende oder junge Assistenzärztinnen und Assistenzärzte für Ihren weiteren Weg als Ärztin/Arzt?
Die jungen Kolleginnen und Kollegen sollten zunächst offen sein für jede ärztliche Tätigkeit. Wichtig ist, dass sie am Ende ihrer Ausbildung eine Tätigkeit finden, die ihnen Spaß macht, sie erfüllt und bei der sie ihre gelernte Medizin optimal einsetzen können. Das muss nicht immer die Tätigkeit an Kliniken oder in hochspezialisierten Facharztrichtungen sein. Es ist sicher hilfreich in Form von Famulaturen, im praktischen Jahr oder als Weiterbildungsassistent verschiedene Facetten des ärztlichen Berufes kennenzulernen. Gerne stehe ich auch für Fragen über meine Tätigkeit zu Verfügung oder biete Hospitationszeiten in meiner Praxis an.
Sie planen zudem ein MVZ für den NOK- wie sehen hier ihre Pläne aus und welche Meilensteine möchten Sie damit erreichen?
Bereits vor 13 Jahren hatte ich mit 9 anderen Vertragsärzten eine GmbH gegründet, um ein MVZ für den Neckar-Odenwald-Kreis zu gründen. Wir hatten damals schon realisiert, dass viele junge Kollegen gerne in der Anstellung arbeiten möchten, ohne betriebswirtschaftliches Risiko. Damals waren wir unserer Zeit wohl voraus. Die GmbH wurde, da damals auch nicht politisch unterstützt, vor 3 Jahren wieder aufgelöst. Trotzdem habe ich die Gründung eines MVZ bei mir im Kleinen Odenwald noch nicht aufgegeben. Dies ist die einzige Chance hier eine nachhaltige medizinische Versorgung zu installieren. Dafür habe ich noch 5 Jahre Zeit, dann haben wir in Aglasterhausen, Neunkirchen und Schwarzach keinen Hausarzt mehr. Es sei denn es lässt sich doch noch einer nieder.
Wenn ich 2 junge KollegInnen hätte, die bereit wären in einem MVZ im Kleinen Odenwald zu arbeiten, würde sich das Projekt rasch umsetzen lassen.
Sie sind zudem der ärztliche Vertreter für die KVBW hier im Neckar-Odenwald-Kreis- was sind hierbei ihre Aufgaben und welche Zuständigkeiten haben Sie dabei inne? Vielleicht können Sie auch kurz über ihre Tätigkeit im Zulassungsausschuss der KVBW berichten?
Bereits kurz nach meiner Niederlassung habe ich mich über politische Entscheidungen und Aktionen in der KV beschwert, insbesondere nach Einführung der Budgets im Juli 1996, entsprechend der DRG’s im Krankenhaus. Aber wer motzt, soll auch aktiv was tun. Deshalb bin ich seit 25 Jahren berufspolitisch aktiv zunächst bei der Nordbadischen Ärzteinitiative, dann bei MEDI, als Vertreter in der Bezirksärztekammer früher auch Landesärztekammer, als Mitglied der KV-Vertreterversammlung bis 2016, als Bezirksbeirat der KV in Nordbaden seit 15 Jahren, als ärztlicher Vorsitzender des Zulassungsausschuss in Karlsruhe und als Vorsitzender der Notfalldienstkommission der KV in Nordbaden.
Die Tätigkeiten ermöglicht mir das System der stationären und ambulanten medizinischen Versorgung in Deutschland im Detail zu kennen. Ich kann sowohl meinen Krankenhauskollegen als auch den Niedergelassenen in allen Fragen beratend und unterstützend zur Seite stehen, was die Hauptarbeit im Bezirksbeirat und der Kammer ausmacht. Im Zulassungsausschuss entscheiden wir sowohl über die Ermächtigung von Krankenhausärzten an der ambulanten Versorgung teilzunehmen, als auch über die Zulassung von Ärzten und Psychotherapeuten zu vertragsärztlichen Tätigkeit in Nordbaden. All diese Tätigkeiten ermöglichen mir auch aktiv das bestehende System zu gestalten und auch zu verändern. Es wäre toll, wenn auch junge Ärzte bereit wären die eine oder andere Tätigkeit zu übernehmen. Ich bin gerne bereit sie dabei zu informieren und mitzunehmen.
Herr Dr. Kaltenmaier, zusätzlich zu Ihrer allgemeinmedizinischen Praxis in Aglasterhausen und Ihrer Tätigkeit als KVBW-Vertreter für den NOK, sind Sie nun auch noch ärztlicher Leiter für unser Kreisimpfzentrum in Mosbach. Vielen Dank zunächst für ihr unglaubliches Engagement, das ist wirklich beeindruckend!
Welchen Herausforderungen stellen Sie sich dabei täglich als ärztlicher Leiter und welche schönen Erlebnisse können Sie aus dem KIZ berichten?
Da ich bereits als Pandemiebeauftragter der KV im NOK im Planungsstab des Impfzentrums in Mosbach beteiligt war, lag es von Seiten des Landratsamtes nahe mich auch zum ärztlichen Leiter des Impfzentrums zu machen, so zu sagen als logische Konsequenz. Eigentlich bin ich in meiner Landarztpraxis voll ausgelastet und nicht erpicht darauf zusätzliche Aufgaben zu übernehmen. In diesem Falle wäre es aber für einen anderen Arzt enorm zeitaufwendig gewesen, sich in die komplexe Materie einzuarbeiten. Das Ganze funktioniert auch nur deshalb, weil ich nicht ständig präsent sein muss. Wie viele meiner Kollegen ärztlicher Leiter eines KIZ in BW bin ich telefonisch und per email ständig erreichbar. Vor Ort ist täglich ein ärztlicher Kollege als ärztlicher Schichtleiter bestimmt. Ich versuche trotzdem an mindestens 2 Tagen in der Woche im KIZ persönlich zu erscheinen und war auch schon an 3 Samstagen als Impfarzt dort tätig. Meine Tätigkeiten sind umfassend bezüglich medizinischer Fragen um die Coronaimpfung, als auch begleitend bei organisatorischen Fragen und Einteilung der Impfärzte und Impf-MFA. Als schöne Erlebnisse im Impfzentrum kann ich berichten, dass alle Impflinge bisher von der Organisation und der freundlichen Art aller dort Arbeitenden begeistert sind und sich bestens versorgt fühlen.
Ihr Lieblingszitat:
Es wird alles gut werden und folgenlos verheilen.
(Spruch von einem ehemaligen OP-Pfleger)